Die kollektive Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Nutzflächen als Allmende war ein zentraler Aspekt des Wirtschaftens in mittelalterlichen Kommunen. Insbesondere die Mitglieder ländlicher Gemeinden waren zur Kompensation von Ernteausfällen und zur Erwirtschaftung von veräußerbaren Überschüssen auf die Nutzung kommunaler Allmendflächen angewiesen.
Im Verlauf des 14. und 15. Jahrhunderts lässt sich eine zunehmende Regulierung und Privatisierung von Allmendflächen durch geistliche und weltliche Herrschaftsträger beobachten. Diese zunehmenden Nutzungsbeschränkungen hatten gravierende Auswirkungen auf die wirtschaftliche Lage städtischer und insbesondere ländlicher Kommunen, sodass sich die herrschaftliche Reglementierung von bisher kollektiv bewirtschafteten und kommunal verwalteten Nutzflächen zu einem zentralen Konfliktpunkt zwischen Gemeinden und Obrigkeit entwickelte. Dementsprechend lassen sich bei einer Vielzahl von Bauernunruhen im 14. und 15. Jahrhundert Forderungen nach der Aufhebung von erlassenen Nutzungsbeschränkungen als wichtiger Bestandteil der Programmatik der Aufständischen nachweisen.
In der einschlägigen geschichtswissenschaftlichen Forschung bleibt eine tiefergehende Auseinandersetzung mit diesen Allmendforderungen allerdings zumeist aus. Stattdessen werden diese lediglich als Teilaspekte einer ideologisch kohärenten Gesamtprogrammatik der jeweiligen Aufständischen eingeordnet. Diese programmatischen Universalnarrative spiegeln allerdings nicht die Heterogenität und die beobachtbaren Entwicklungstendenzen der bei den Bauernunruhen des 14. und 15. Jahrhunderts artikulierten Allmendforderungen wider. Insbesondere verdecken die etablierten Forschungsnarrative die deutlichen Differenzen zwischen den artikulierten Allmendforderungen hinsichtlich deren inhaltlichen Radikalität, der diesen Forderungen zugrundeliegenden Legitimationsstrategien sowie der im Diskurs zwischen Aufständischen und Obrigkeit verwandten Kommunikationsformen.
Die Aufarbeitung der bei den Bauernunruhen des 14. und 15. Jahrhunderts hervortretenden Nutzungskonflikte bedarf daher einer Abkehr von den dominanten Universalnarrativen in Form einer spezifischen Auseinandersetzung mit den kommunikativen, argumentativen und inhaltlichen Wechselwirkungen zwischen den bäuerlichen Forderungen und den durch diese ausgelösten Reaktionen der Obrigkeit. In diesem Sinne soll bei diesem Forschungsprojekt ein interdisziplinärer Ansatz verfolgt werden, der neben der einschlägigen historischen Forschung auch die Erkenntnisse der Performanzforschung und der sozialen Bewegungsforschung berücksichtigt.