Lernen mit Maschinen
(Versuchs-)Apparaturen und der Wandel von „Lernsubjekten“, 1900-1970

Das Projekt wählt einen historisch-epistemologischen Zugang (Experimentalpraktiken) (1900-1970) und Objekt-orientierten Zugang (kybernetische Maschinen) (1940-1970).

1.1 Lernen im Spannungsfeld von Experimentalpraxis und Theorie

Der Subjektbegriff der westlichen Gesellschaften ist untrennbar mit humanistischen Lern- und Bildungstheorien verbunden. Doch wie wurde das humanistisch-qualitative „Lernsubjekt“ durch Forschungspraktiken im 20. Jahrhundert operationalisiert und transformiert? Zur Klärung dieser Frage soll anhand der Experimentalpraktiken untersucht werden, wie Akteur*innen u.a. der angewandten Psychologie, experimentellen Pädagogik oder pädagogischen Psychologie teils in Abgrenzung zu qualitativen Subjektvorstellungen nicht nur positivistische Vorannahmen zu „Lernsubjekten“ in ihre Lerntheorien mit einbrachten, sondern durch ihre an Laborstudien orientierte, erfahrungswissenschaftliche Methodik ein empirisches Wissen, welches objektivierbar, wiederholbar, kontrollierbar und funktionalisierbar war, auch erst generierten.

Die Fragen, wie und welche Eigenschaften vom „Lernsubjekt“ gemessen und welche neue Vorstellung von einem „Lernsubjekt“ damit generiert wurden, sollen im Projekt genauso untersucht werden, wie, welche Eigenschaften sich der Quantifizierung entzogen und wie die Forschung mit diesen Parametern umging.

1.2 Die Technisierung des Lernens durch kybernetische Lehr-Lernmaschinen

Mit der Etablierung des Computers als universelle Lehr- und Lernmaschine wurde ein menschliches sowie technisches Lernsubjekt vorstellbar, welches selbstorganisiert mit Feedback lernen konnte und messbaren Output generierte. Im Projekt muss die Frage gestellt werden, wie das Lernsubjekt in der Kybernetik der 1940er bis 1970er Jahre unter einer allgemeinen Kategorie informationsverarbeitender Maschinen subsumiert und Lernen als technischer Vorgang verstanden wurde. Wie wurde durch eine Messbarmachung von Lerneigenschaften eine Übertragung derselben in technische Systeme möglich? Und wie wurde menschliches Lernen durch Interaktionen mit Lehrprogrammen immer ausschließlicher mit technisierten Begriffen wie „Feedback“, „Selbstorganisation“, „Speicherung“ und „Information“ beschrieben? Das Projekt untersucht, wie durch lernende und lehrende Maschinen Lerneigenschaften als kontrollier- sowie optimierbar aufgefasst werden konnten. Dabei wird die Frage gestellt, wie sich durch die Konstruktion und Bedienung kybernetischer Maschinen in den USA und der Bundesrepublik ein neues Verständnis von menschlichen und maschinellen Lerneigenschaften ausbilden konnte.

Zentrale Publikationen zu diesem Projekt

Kevin Liggieri, Mit Computern spielen. Möglichkeiten und Grenzen kybernetischer Quantifizierung im Hinblick auf menschliches Denken, in: Philosophie und Geschichte des Verhaltenswissens [hrsg. von Georg Toepfer/Sophia Grafe], DeGruyter: Berlin [i. Er.]

Kevin Liggieri, Erfahrung und Information. Geschichte und Philosophie vom humanistischen und funktionalistischen Lernbegriff, in: In: O. Friedrich, J. Seifert, S. Schleidgen (Hrsg.), Mensch-Maschine-Interaktion – Konzeptionelle, soziale und ethische Implikationen neuer Mensch-Technik-Verhältnisse, Paderborn 2022, S. 114-132.

Kevin Liggieri, Die kybernetische Pädagogik zwischen quantitativen und qualitativen Forderungen in den 1960er Jahren, in: Technikgeschichte 2 (2021), S.111-141.

Personalbild von Kevin Liggieri

Assistenzprofessor für Historisch-Epistemologische Technikforschung

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