PD Dr. Mareike Menne studierte Neuere und Neueste Geschichte, Kulturwissenschaftliche Anthropologie und Medienwissenschaften an der Universität Paderborn. Sie wurde dort 2005 promoviert und war 2007 bis 2013 Studiengangsmanagerin am Historischen Institut der Universität Stuttgart. 2014 habilitierte sie sich mit einer Arbeit zu „Diskurs und Dekor. China im Alten Reich, 1600-1800“. 2011 gründete sie zusammen mit Tim Wehle den Eire Verlag. Aus ihrem gleichnamigen Blog ging 2013 die Gründung der Kultur- und Karriereberatung „Brotgelehrte“ hervor, die Dr. Menne nun hauptberuflich betreibt.
Wollten Sie schon immer in Ihrem heutigen Berufsfeld arbeiten?
Die Frage kann ich nicht eindeutig beantworten; wichtiger als das konkrete Berufsfeld ist mir die Art und Weise, wie ich arbeite: selbstbestimmt, unabhängig, kreativ, mit der Möglichkeit zu theoretischen Höhenflügen und dem Leitmotiv der Anwendungsbezogenheit bzw. des Dialogs zwischen Akademie und Praxis. Das wollte ich schon immer und habe stets versucht, dies auch zu realisieren. Es war in sehr unterschiedlichem Maße möglich.
Welche Erfahrung haben Sie beim Einstieg in die Berufstätigkeit gemacht?
Eine unbequeme Erfahrung: Meine Vorstellungen von Berufstätigkeit haben sich nach dem Studium geändert. Während des Studiums habe ich keine großen Diskriminierungen gespürt. Danach jedoch gab es für den Verbleib in der Wissenschaft unverkennbar drei Faktoren: Gender, Kinder, soziale Herkunft (= Habitus, Netzwerke und finanzielle Möglichkeiten).
Welche Qualifikationen aus Ihrem Studium sehen Sie als besonders wertvoll für Ihre heutige Tätigkeit an?
Die Promotion als rein formale Autoritätsbeschaffungsinstitution. Die Arbeit mit Primärquellen und damit keine Scheu vor fremden Sprachen, Schriften, Denkweisen. Überwiegend lagen meine Studiensympathien jedoch bei meinen Nebenfächern Medienwissenschaft und Kulturwissenschaftliche Anthropologie; sie prägen mein Denken, Arbeiten und auch meine sozialen Vorlieben bis heute stärker. Oder anders: Ich bin ungern „Historikerin“ und halte auch angesichts der Studienrealität die Konzentration auf ein Fach als Identitätsspender für überholt.
Welche weiteren Kenntnisse sind in Ihrem Berufsfeld notwendig?
Es braucht für JEDES Berufsfeld weitere Kenntnisse und vor allen Dingen: Erfahrungen. Ein Teil dieser Erfahrungen und Kenntnisse lässt sich im Studium erwerben, als Praktikum, Nebenjob oder in spezialisierten Masterprogrammen (Museumswissenschaft, einzelne Journalismuszweige, Archiv und Dokumentation für den gehobenen Dienst etc.).
Für die Freiberuflichkeit braucht es den gesamten Bereich der betrieblichen Praxis (Steuern, Versicherungen, Buchführung, Marketing, Vertragsrecht etc.). Dafür gibt es z. B. IHK-Kurse oder „Gründerkurse“; aber mit etwas Pragmatik geht es auch autodidaktisch. Alle anderen Erfordernisse richten sich nach Inhalten, Tätigkeiten, Umwelt der Geschäftsidee.
Für das Verlagswesen braucht es Erfahrungen im Projektmanagement, unterschiedliche Lesestrategien, Kommunikationsfähigkeit. Man muss Bücher neben dem Inhalt auch und zuerst hinsichtlich ihrer Marktgängigkeit bewerten können. Fremdsprachen neben den üblichen werden vereinzelt je nach Verlagsprogramm gewünscht. Computerprogramme sind natürlich Hauptwerkzeug. Vorausgesetzt wird ein professioneller Umgang mit gängiger Bürosoftware (also nicht Tippen in Word, sondern Verknüpfungsfunktionen, Formatierungen, evtl. Satz, Korrektur- und Überprüfungsfunktionen). Erfahrungen mit anderen Satzprogrammen oder in der Bildbearbeitung sind für einen Einstieg sicherlich vorteilhaft (LaTex, InDesign). Immer mehr bemerke ich, dass von Jüngeren ein kompetenter Umgang mit Social Media erwartet wird, etwa, um darüber Marketing zu betreiben oder Zielgruppenanalysen vorzunehmen. Das wird häufig enttäuscht, weil die Kandidaten zwar Facebook etc. benutzen können. Weiterhin befindet sich das Verlagswesen seit einigen Jahren in erheblichen Veränderungsprozessen, sowohl hinsichtlich der Organisation von Verlagen als auch hinsichtlich der veränderten Rezeptionskulturen. Hier wird in den kommenden Jahren vermutlich eine hohe Lernbereitschaft erforderlich sein, die natürlich – fachfremde – digitale Trends aufnehmen muss, als auch Marken- und Servicefragen stärken ins Zentrum der Arbeit rückt.
Welchen Teilbereich Ihres Berufs würden Sie als besonders interessant und spannend bezeichnen? Woran arbeiten Sie am liebsten?
Daran, wohin die tägliche Neugier mich führt. Arbeit mit praktischen Ergebnissen, z. B. Ausstellungsplanung und -durchführung vom Konzept über den Band bis zum Aufbau und der Veranstaltungsplanung. Autorschaft und Konzeption von Workshops und Entwicklungsprozessen zum Berufseinstieg von Geisteswissenschaftlern / Geisteswissenschaftlerinnen.
Was würden Sie Studierenden raten, wie sie sich auf ihren Berufseinstieg vorbereiten sollten?
Seid neugierig auf das Berufsleben. Sammelt und erkundet positive Beispiele für Berufstätigkeiten. Macht den Transfer des Gelernten in berufliche Zusammenhänge zu einem Studienprojekt. Vernachlässigt die sogenannten Schlüsselkompetenzen nicht, aber arbeitet gezielt an Euren Fachkompetenzen, denn die machen Euch zu Experten und unterscheidbar von Absolventen anderer Disziplinen.