Die Digitalisierung in der Lehre hat durch die Covid-19-Pandemie einen enormen Schub erfahren. Doch im Bereich der digitalen Technologien und Medien auf dem neuesten Stand zu sein, bedeutet ohne begleitende Didaktik im Bildungswesen nichts.
Werfen Sie einen Blick in den open access Band, herausgegeben von Gerrit Jasper Schenk: Digitale Fachdidaktiken
Der Beitrag stellt vor, was im vorliegenden Band unter „digitaler Fachdidaktik“ in den textbasierten Kulturwissenschaften verstanden wird. Er diskutiert die Chancen und Gefahren des Einsatzes digitaler Werkzeuge in der schulischen und universitären Lehre. Er macht deutlich, dass der Einsatz digitaler Mittel nicht nur auf bereits etablierten Feldern wie der Begriffsgeschichte und Diskursanalyse sinnvoll ist, sondern auch neue Forschungsfelder erschließt. Digitalität verbindet benachbarte Disziplinen und ermöglicht einen Brückenschlag zu entfernteren Disziplinen wie den Natur- und Technikwissenschaften. Der Einsatz der Mittel fordert dazu heraus, neu über fachdidaktische Fragen von der didaktischen Analyse als Kern der Vorbereitung auf den eigentlichen Vermittlungsakt über Komplexitätsreduktionen bis hin zum forschenden Lernen in kollaborativen Prozessen nachzudenken. Welche Grenzen besitzen quantitative Zugänge? Welche Kompetenzen sind aus fachdidaktischer Sicht besonders wichtig, welches Methodeninventar steht zur Verfügung? Welche spezifischen Herausforderungen stellen sich durch die Digitalität, vom Zwang zur Konkretion und Standardisierung über das Denken in algorithmischen und iterativen Prozessen bis hin zur Modellbildung? Gefragt wird aus rezeptionsorientierter Perspektive nach Techniken, Praktiken und Programmen der entstehenden „Digital Humanities“, aus der Produktionsperspektive nach Formen des Wissenstransfers für die digitale Erstellung und Bearbeitung von Inhalten.
Prof. Dr. Gerrit J. Schenk (Leitung des Lehrstuhls für Mittelalterliche Geschichte der TU) war Co-Organisierender der vierten Konferenz der International Bridges Group 2018 in Regensburg. Die Konferenz fand in Kooperation mit der Gesellschaft für Stadtgeschichte und Urbanisierungsforschung, dem Lehrstuhl für Europäische Geschichte der Universität Regensburg und dem Graduierten Kolleg KRITIS der TU Darmstadt statt. Der Fokus lag auf der Regensburger Stadtgeschichte sowie der steinernen Brücke der Stadt (12./ 13. Jahrhundert).
Auf der interdisziplinären Tagung wurden u.a. folgende Themen diskutiert:
- Konstruktion und Erhaltung von Brücken
- Entwicklung und Wachstum mittelalterlicher Städte mit steinernen Brücken
- Ikonographie der Statuen auf Brücken
- Praktische und symbolische Funktionen steinerner Brücken
- Brücken als kulturelles Erbe
Lesen Sie das vollständige Programm hier (wird in neuem Tab geöffnet) .
Wir, das Fachgebiet Mittelalterliche Geschichte, freuen uns sehr, dass unser ehemaliger Humboldt-Stipendiat (2013-2015), Dr. Thomas Labbé, für sein Werk Les catastrophes naturelles au Moyen Âge mit dem Prix Augustin Thierry der Stadt Paris ausgezeichnet worden ist. Die Preisverleihung fand am 6. Dezember 2017 statt. Herzliche Glückwunsche!
Dr. Thomas Labbé reçoit le Prix Augustin Thierry de la Ville de Paris
C'est avec grand plaisir que l’équipe de l’Institut d’Histoire du Moyen Âge reçut le message que son ancien Humboldt Research Fellow (2013-2015), Dr. Thomas Labbé, eut l’honneur d’avoir été primé pour son œuvre Les catastrophes naturelles au Moyen Âge. Il reçut le prix Augustin Thierry de la ville de Paris le jour du 6 décembre 2017. Nos félicitations!
„Katastrophen“ fallen nicht vom Himmel. Sie sind mehr oder weniger schnell ablaufende Prozesse und haben eine natürliche, eine kulturelle und eine technische Dimension. Auf dem Ladenburger Diskurs kamen auf Initiative von Gerrit Jasper Schenk (Darmstadt) Wissenschaftler_innen unterschiedlicher Disziplinen zusammen und sondierten Möglichkeiten einer interdisziplinären Erforschung von Trockenheit und Dürre als „slow onset disasters“ im mediterranen Raum. Als mögliche Erkenntnisziele des Forscherkollegs formulierte Schenk im Eröffnungsvortrag: Verlaufsformen und Wiederholungsstrukturen von Dürren, hierfür relevante Verflechtungsprozesse von Umwelt, Kultur und Technik sowie die Analyse von tipping points, Determinismen und soziokulturellen Dispositiven gegenüber Dürren. Als Jahrhunderte alte „Kontaktzone“ eigne sich der mediterrane Raum besonders gut, um langfristige Wechselwirkungen von Umwelt, Kultur und Technik zu untersuchen.
Die erste Sektion thematisierte zentrale Forschungskonzepte. Dominik Collet (Heidelberg) stellte Modelle vor, wie die (unterschiedliche) Vulnerabilität von Gesellschaften gegenüber Katastrophen bestimmt werden kann. Als Brückenkonzept ermögliche die Analyse von Verwundbarkeit im Prozess der Katastrophe die Integration von natur- und geisteswissenschaftlichen Perspektiven. Janina Krüger (Trier) stellte das komplementäre Konzept gesellschaftlicher Resilienz vor. Am Beispiel wirtschaftspolitischer Maßnahmen der frühen Anjou in Süditalien bei ‚Natur’katastrophen (1266-1309) konnte sie zeigen, dass die Herrscher durch die Mobilisierung und Lenkung von Ressourcen erhebliche Adaptionsstrategien vor allem gegenüber dürrebedingte Krisen besaßen. Martin Bauch (Leipzig) zeigte am Beispiel der Reaktion der Republik Siena auf eine trockenheitsbedingte Krise 1302/03, wie durch den natürlichen Impact politische Prozesse wie durch einen Katalysator beschleunigt wurden und große Investitionen in Infrastrukturen (Hafen, Wasserversorgung) auslösten.
Die zweite Sektion nahm aus naturwissenschaftlicher Perspektive den Westen (Spanien) und den Osten (Byzanz) des insgesamt uneinheitlichen Mittelmeerraumes in den Blick. Jonas Berking (Berlin) zeigte am Beispiel des Umgangs einer ostandalusischen Bewässerungsgemeinschaft mit klimatischen Schwankungen vor allem der letzten 120 Jahre, dass die Agrargesellschaft flexibel mit kritischen Situationen von Trockenheit umzugehen verstand, nicht zuletzt dank erstaunlich persistenter infrastruktureller und soziokultureller Systeme. Elena Xoplaki (Gießen) untersuchte den ostmediterranen Raum makroskopisch und mit einem Fokus auf der hochmittelalterlichen Warmzeit (ca. 800-1300). Sie wies einerseits auf Probleme hin, die schlichte Korrelationen klimatischen mit soziokulturellem Wandel aufwerfen, plädierte andererseits aber auch dafür, klimatische Faktoren zu berücksichtigen, indem sie Trockenheit als möglichen driver auch gesellschaftlichen Wandels im Zusammenhang mit der seldschukischen Invasion Anatoliens charakterisierte.
In der dritten Sektion stellte Rüdiger Glaser (Freiburg) am Beispiel der DFG-geförderten Datenbank tambora (tambora.org) die Möglichkeiten und Probleme einer Rekonstruktion von Wetter und Klima des Nahen Ostens von ca. 800-1500 auf der Grundlage kultureller und naturwissenschaftlicher Daten vor. Astrid Meier (Beirut) beleuchtete am Beispiel der Zusammenhänge von Dürre und Mobilität vom subsaharischen Afrika über die arabische Halbinsel bis zur Levante die komplexe Gemengelage klimatischer, politischer und soziokultureller Faktoren. Migration als resilienzsteigernde Reaktion beduinischer Gruppen in kritischen Phasen habe durch den raschen Wandel seit der Kolonialzeit enorme soziopolitische Sprengkraft entwickelt.
Abschließend diskutierte die Gruppe die Potenziale des Forschungsfeldes. Die Thematik sei von hoher Relevanz für ein besseres Verständnis gegenwärtiger katastrophaler Prozesse von Hitzewellen, Dürren, Hungersnöten bis hin zu Revolutionen und Migrationsbewegungen. Die langfristigen Verflechtungen natürlicher und gesellschaftlicher Prozesse und die Kritikalität sozionaturaler Systeme machten eine verstärkte interdisziplinäre Erforschung erforderlich. Der so fruchtbar begonnene Diskurs soll fortgesetzt werden.
Text: Gerrit Jasper Schenk
Das vollständige Programm der Tagung (wird in neuem Tab geöffnet) können Sie hier einsehen.
Eine Besprechung des Diskurses durch die Daimler und Benz Stiftung findet sich im Netz.