Dr. Holger Köhn studierte Geschichte, Germanistik und Politikwissenschaften an der Technischen Universität Darmstadt. Nach seiner Promotion wagte er 2012 den Schritt in die Selbstständigkeit. Zusammen mit seinem Geschäftspartner Christian Hahn gründete er das Büro für Erinnerungskultur in Babenhausen. Sie übernehmen für ihre Kunden die Organisation und Durchführung von Ausstellungen, Gedenkstationen oder sonstigen Veröffentlichungen mit historischem Hintergrund. Geschichtswissenschaftliches Arbeiten, Design und Wissensvermittlung gehen dabei Hand in Hand.
Müssen Sie als selbstständiger Historiker oft reisen?
In der der Regel bin ich drei- bis viermal pro Jahr zu mehrtägigen Aufenthalten (Archivreisen, Workshops, Konferenzen) im In- und Ausland unterwegs.
Hat man als selbstständiger Historiker genügend Zeit für das Familienleben, insbesondere für die Kinder?
Arbeitsorganisation ist ein wichtiges Thema. An Feiertagen und Wochenenden versuche ich, nicht zu arbeiten. Manchmal lässt es sich nicht ganz vermeiden. Die Schulferien komplett frei zu halten, ist hingegen nicht möglich. Da sind familieninterne Absprachen nötig – wie im Übrigen im Alltag allgemein.
Was ist der schwierigste Teil Ihrer Arbeit, mit welchen Problemen werden Sie häufiger konfrontiert und worauf sollte man als Neueinsteiger achten?
Als herausfordernd betrachte ich die Akquise, also den Kontakt zu potenziellen Kunden. Da musste ich lernen, mich und meine Arbeit zu präsentieren. Das impliziert, dem angefragten Produkt einen Preis beizumessen, was nicht ganz einfach ist. Achten sollten Neueinsteiger zudem darauf, sich von Beginn an in Steuer- und Finanzfragen professionell beraten zu lassen.
Wird der Begriff „Erinnerungskultur“ in Deutschland Ihrer Ansicht nach hauptsächlich mit der Zeit des Nationalsozialismus’ assoziiert?
Meiner Wahrnehmung nach wird der Begriff immer offener gebraucht – für den bewussten Umgang mit der Vergangenheit in ganz unterschiedlichen Gebieten.
Viele Geschichtsstudenten / Geschichtsstudentinnen arbeiten nach dem Studium beim Rundfunk. Was sind Ihrer Meinung nach die Gründe dafür? Kam die Medienarbeit für Sie auch in Frage?
Ich glaube, die Anzahl der Historikerinnen und Historiker, die beim Rundfunk arbeiten, ist verhältnismäßig gering. Für mich war das kein Thema. Wobei ich mich natürlich darüber freue, wenn über unsere Arbeit in den Medien berichtet wird.
Was waren Ihre Beweggründe für den Wechsel in die Selbstständigkeit?
Eigenverantwortliches Arbeiten hat mich gereizt. Noch wichtiger war aber, dass ich mit einem guten Freund, einem Grafiker, den Sprung in die Selbständigkeit wagen und das Büro für Erinnerungskultur gründen konnte. Nach der Promotion stand eine Weichenstellung an und es ergab sich die Gelegenheit dazu. Heute bin ich froh, diese ergriffen zu haben. – Ach ja: Meine Frau arbeitet Vollzeit in einem als sicher zu bezeichnenden Arbeitsverhältnis; das hat die Fallhöhe deutlich minimiert und ich konnte von Beginn an gut schlafen.