Forschung zum Hören, Sehen und Schmecken

Buchvorstellung und Podiumsdiskussion

14.07.2025 von

Am Freitag, 4. Juli 2025 stellten Prof. Dr. Gerrit Jasper Schenk und Dr. Stephan F. Ebert vom Fachgebiet Mittelalterliche Geschichte ihren neuen Sammelband „Vom Buch aufs Feld – Vom Feld ins Buch. Verflechtungen von Theorie und Praxis in Ernährung und Landwirtschaft (ca. 1300–1600)“ im UNESCO Welterbe Kloster Lorsch der Öffentlichkeit im Rahmen einer Podiumsdiskussion vor. Der Abend wurde moderiert von Diplom-Biologin Bettina Walter vom Heimat- und Kulturverein Lorsch e. V. und der AG Kräutergarten.

Der Sammelband „Vom Buch aufs Feld – Vom Feld ins Buch. Verflechtungen von Theorie und Praxis in Ernährung und Landwirtschaft (ca. 1300–1600)“ ist das Ergebnis einer internationalen und interdisziplinären Tagung, die im Frühjahr 2022 am selbigen Ort stattfand und in der Fachcommunity bereits besprochen wurde.

Ausgangspunkt des Forschungsbands ist die Phase beschleunigten Wandels zwischen ca. 1300–1600. Die Zeit war geprägt von Phänomenen wie der Kleinen Eiszeit, der Pest, dem Renaissance-Humanismus und der Medienrevolution des 15. Jahrhunderts. Sie veränderten Anbauzonen von Kulturpflanzen, machten Wissen über Agronomie, Botanik und Diätetik aber auch zugänglicher und anwendbarer. Aus interdisziplinärer Perspektive fragen die Beiträge im Sammelband in welchem Verhältnis Tradition, Konsum und praktisches Erfahrungswissen zueinanderstanden, und legen wechselwirkende Dynamiken zwischen Theorie und Praxis – zwischen „Buch“ und „Feld“ – offen.

Die Podiumsdiskussion drehte sich um neuartige Pflanzen, die Eingang in die Konsumwelt nördlich der Alpen gefunden hatten und das Wissen darüber. Dazu zählten bspw. Blumenkohl, Kopfsalat, Reis oder Spargel; später Mais (das „welsche“ oder „türkische“ Korn), Paprika („indianischer Pfeffer“) oder auch das Truthuhn („indianische Henn“). Ebenso wurde Tabak aus der Neuen Welt in die Alte eingeführt und stimulierte sogar den Landbau in Lorsch.

Im Anschluss an die Podiumsdiskussion wurde historisch inspiriertes Fingerfood gereicht. Die Idee war, Zutaten und Zubereitungsarten aufzugreifen, die sich in der kulinarischen Literatur des Mittelalters greifen lassen, um damit Speisen zuzubereiten, die auch in die Zukunft weisen können. Deshalb gab es vegetarische und vegane Gerichte. Das passte auch historisch gesehen, denn die Podiumsdiskussion fiel auf einen Freitag – einen Fastentag. Aufgrund der Vielzahl an Erbsengerichten im mittelalterlichen Schriftgut wurde im ersten Gang ein Erbsenmus auf Matzen serviert. Letztere waren eine kreative Lösung, um eine feste Unterlage für das feuchte Mus zu haben. Eine Wormser Handschrift aus dem 13. Jahrhundert zeigt die Matzenzubereitung, sodass auch hier eine zeitgenössische und sogar regionale Parallele zum Mittelalter besteht.

Buchweizen wird heute als Kulturpflanze zur Förderung einer nachhaltigen Biodiversität der Zukunft erforscht. Im Mittelalter war er eine neue Pflanze und findet sich ab dem Spätmittelalter auch zunehmend in schriftlichen Überlieferungen. Er kann in Brühe gekocht oder in Zwiebeln und Butter angebraten und mit Brühe abgelöscht werden – ähnlich wie bei einem Risotto. Pilze ersetzten die im Mittelalter dokumentierte Fleischzutat für den zweiten Gang. Als Fingerfood-Unterlage wurde ein Roggensauerteigbrot aus einer Lorscher Bäckerei verwendet.

Den Abschluss bildete eine Süßspeisenkombination zweier spätmittelalterlicher Gerichte: Die bei Paolo Santonino 1486 erwähnte „Weltmutter“ (einer Art Milchreis mit Mandeln) und die Mandeltorte der Philippine Welser (um 1543/44), die sich bereits in einer Lehrveranstaltung von Dr. Stephan Ebert als erfolgreich erwiesen hatte. Neben Unalkoholischem wurde ein Weißburgunder von der Bergstraße gereicht. Die Rebsorte ist seit dem 14. Jahrhundert belegt.

Die Presse berichtet am 9. Juli 2025 über den Event. Wir bedanken uns bei der Moderatorin, Frau Bettina Walter, beim Kohlhammer Verlag für die Unterstützung und beim Kloster Lorsch für die Unterstützung und Zusammenarbeit.