Lokale Pfade zur Fluvialen Anthroposphäre an Echaz (Rhein) und Eger (Donau). Eine vergleichende Analyse von ca. 1100 bis 1800 n. Chr.
PIs: P. Frenzel, Universität Jena; S. Hirbodian, P. Kühn und L. Werther, Universität Tübingen; G.J. Schenk, TU Darmstadt; U. Werban, Helmholtz Zentrum für Umweltforschung Leipzig; C. Zielhofer, Universität Leipzig
Unser Projekt untersucht lokale Pfade zur Fluvialen Anthroposphäre und zugrundeliegende sozio-ökologische Prozesse in Mittelalter und vorindustrieller Neuzeit.
Es liefert eine integrierte multidisziplinäre Beschreibung fluvialer Gesellschaften und Auen, die durch ein Bündel miteinander verwobener Themenfelder archäologisch, geowissenschaftlich und historisch analysiert werden. Um lokale Besonderheiten von allgemeinen Trends zu unterscheiden, werden die Auen von zwei ähnlichen süddeutschen Karstflüssen 3. Ordnung, Echaz (Rhein) und Eger (Donau) mit ihren Nebenflüssen, systematisch verglichen. Beide Flüsse sind heute ausgeprägte fluviale Anthroposphären. Von ca. 1100 bis 1800 n. Chr. haben städtische Akteure, Adel, Kloster- und Dorfgemeinschaften beide Auen auf lokal sehr unterschiedliche Weise tiefgreifend verändert.
Das Projekt fokussiert auf sechs Themen und Kernhypothesen: 1. Die Analyse der Wasserkraftnutzung. Wir gehen davon aus, dass lokale Chronologien und Verbreitungsintensitäten in mehreren prägenden Phasen zu individuellen Pfadabhängigkeiten und Auswirkungen auf Auen und Gesellschaften führten. 2. Die Rekonstruktion der Auswirkungen des städtischen Handwerks und der Abfallentsorgung auf die Auenverschmutzung. Wir gehen davon aus, dass Städte die Hauptverursacher vorindustrieller Verschmutzung mit einem spezifischen Fußabdruck flussabwärts sind, der im 13. bis 15 Jh. deutlich zunimmt. 3. Die Rekonstruktion von Wasserbaumaßnahmen. Wir gehen davon aus, dass Mühlen, städtische Wasserwirtschaft und Landnutzung in den Auen ein Netzwerk künstlicher Kanäle schufen, wobei das 13. und 14. Jh. eine prägende Rolle spielt. 4. Die Rekonstruktion der Landnutzung in der Aue. Wir gehen davon aus, dass seit dem 12./13. Jh. mit großen raumzeitlichen Unterschieden und Folgen extensiv beweidete Feuchtwiesen in bewirtschaftete Wässerwiesen und entwässerte Felder umgewandelt wurden. 5. Die Rekonstruktion menschlicher Einflüsse auf die aquatische Fauna. Wir gehen davon aus, dass Kanalbau, Wasserkraftnutzung, Fischerei und Wasserverschmutzung erhebliche Auswirkungen auf die aquatische Biodiversität hatten und diese Auswirkungen, ihre räumlichen Muster und sozialen Folgen ab dem 13. Jh. in verschiedenen Archiven nachweisbar sind. 6. Die Analyse von Rechten und Konflikten zwischen verschiedenen Akteuren. Wir gehen davon aus, dass individuelle und lokal konfligierende Interessen zur Fluvialen Anthroposphäre führten und wichtige Weichenstellungen im 13. bis 14. Jh. erfolgten.
Auf der Grundlage einer multidisziplinären Bewertung unserer Schlüsselhypothesen werden wir das spezifische raumzeitliche Muster der Entstehung der Fluvialen Anthroposphäre von ca. 1100 bis 1800 n. Chr. herausarbeiten. Dies wird auf der Grundlage neuer Indizes für anthropogene Einflüsse und differenzierter raumzeitlicher Modellierung geschehen, um übertragbare und skalierbare Ergebnisse zu erhalten.