Entschlüsselung des Fluviosozialen Metabolismus am Oberrhein (DEMUR)

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Faktoren und Akteure der Transformation zur Fluvialen Anthroposphäre vor der Industrialisierung

PIs: J.H. Blöthe, R. Glaser und F. Preusser, Universität Freiburg; G.J. Schenk, TU Darmstadt

Die vorindustriellen Flussauen in Mitteleuropa dienten einer Vielfalt sozioökonomischer Interessen von der Niederwaldwirtschaft und Uferschutzmaßnahmen über gewerbliche Nutzungen für die Rohstoffverarbeitung, dem Mühlbetrieb und die Fischerei bis hin zu Verkehrszecken. Über ihren Beitrag zu langfristigen Auenentwicklung vor 1800 ist wenig bekannt. Ihr häufigeres Auftreten, etwa seit 800 n. Chr., verweist auf ein Transformation von einem nahezu unberührten Zustand, der hauptsächlich natürlichen Prozessen unterlag, hin zu einem Zustand, in dem diese Prozesse stark von menschlichem Einflüssen beeinflusst wurden. Dadurch – so die Hypothese – wurde eine Fluviale Anthroposphäre geschaffen, die den übergeordneten Forschungsgegenstand des DFG-Schwerpunktprogramms 2316 darstellt.

Das DEMUR-Projekt erforscht diese Entwicklung im Oberrheingebiet durch die Betrachtung ausgewählter Einzugsgebiete von Nebenflüssen des Schwarzwalds und der Vogesen, z. B. Kinzig und Fecht. Diese Zusammenarbeit zwischen Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und der Technischen Universität Darmstadt verwendet das sozioökologische Konzept des Fluviosozialen Metabolismus als heuristisches Leitmotiv, um die Auendynamik anhand entscheidender Veränderungen in Stoffflüssen, z. B. von Wasser, Sedimentfrachten, Holz und Erz, innerhalb des Einzugsgebietes nachzuvollziehen und deren Auswirkungen auf die Flussauen bewerten zu können. In interdisziplinärer Zusammenarbeit werden Geistes- und Geowissenschaften über einen dreifachen Ansatz kombiniert:

Teilprojekt 1 identifiziert Akteure, soziopolitische Konstellationen und Institutionen der mit den Flussauen in Verbindung stehenden Landnutzung durch die Untersuchung damit verbundenen Schriftguts. Der Schwerpunkt liegt dabei auf Konflikten über Ressourcenverwaltung zwischen Interessevertreter*innen, zum Beispiel Müller*innen, Flößerverbänden und Landesherren, sowie auf gesellschaftlichen Reaktionen auf Extremereignisse, z. B. dem flussbaulichen Hochwasserschutz, und auf wirtschaftliche Entwicklungen. Teilprojekt 2 identifiziert regionale Feucht- und Trockenperioden auf Grundlage der historisch-klimatologischen Datenbank tambora. Die Trendrekonstruktion wird mit statistischen Methoden und Natural Language Processing verbessert und beabsichtigt externe klimatische Faktoren mit Einfluss auf die Flussauen offenzulegen. Teilprojekt 3 bestimmt den Fußabdruck menschlicher und natürlicher Störungen durch Bohrkernanalyse von Sedimenten aus Flussauen. Das Ziel ist die Erkennung anthropogener Beiträge zur Auenentwicklung über Sedimentbudgets, die sich z. B. aufgrund von Abholzung flussaufwärts verändert haben, und über menschliche Einträge, z. B. aus dem Erzbergbau und der Verhüttung.

Um die Ergebnisse zusammenzuführen, werden die im Rahmen von Teilprojekt 1 und 3 gewonnenen und gesammelten Hinweise auf Veränderungen der Landnutzung und Bodenbedeckung miteinander und mit den aus Teilprojekt 2 gewonnen Klimatrends verglichen. Als Synthese werden Pfadabhängigkeiten, Trajektorien und Wendepunkte im metabolischen Fliessverhalten mittels Semiquantifizierung und statistischer Modellierung angegangen, um die langfristige Dynamik von Flussauen unter menschlichem Einfluss zu bestimmen.