Das Institut verleiht jährlich bis zu drei Preise für Arbeiten auf dem Niveau des Bachelors, des Masters und der Wissenschaftlichen Hausarbeit für die Zulassung zum 1. Staatsexamen.
Die Preisverleihung 2022
Nach zwei Corona bedingten, digitalen Preisverleihungen, fand in diesem Jahr die feierliche Zeremonie zur Preisverleihung des Aretin-Preises 2022 wieder präsentisch statt.
In diesem Jahr konnte der Preis lediglich an einen Preisträger vergeben werden.
Eröffnet wurde die Feier durch den Geschäftsführenden Direktor des Instituts für Geschichte, Prof. Dr. Gerrit Jasper Schenk.
Die Kommission wurde durch Dr. Kevin Liggieri, PD Dr. Karl Härter sowie em. Prof. Dr. Christof Dipper gebildet. Letzterer hielt die Laudation auf den Preisträger Jacob Georg Benz.
Der Preisträger 2022
Jacob Georg Benz in der Kategorie Bachelor-Thesis
Titel der Thesis: „Die Isenach. Zur Nutzung der Klein- und Nebenflüsse der Vorderpfalz“
Betreuer: Prof. Dr. Gerrit Jasper Schenk
Laudatio
Laudatio für die BA-Thesis „Die Isenach. Zur Nutzung der Klein- und Nebenflüsse der Vorderpfalz“ von Herrn Jacob Georg Benz
Flusssysteme harren in Mitteleuropa der Erschließung durch die Menschen in ökologischer, wirtschaftlicher, kultureller und nicht zuletzt politischer Hinsicht. Es ist diese Vielfalt, die den Reiz des Themas ausmacht und die offensichtlich auch Herrn Benz bei seiner Arbeit angeregt, ja erkennbar beflügelt hat, liefert er doch einen rundum sorgfältig erarbeiteten und alle Aspekte erschließenden Text.
Die Isenach ist ein kleines Flüsschen, das im nördlichen Pfälzer Wald bei Bad Dürkheim entspringt und nach ca. 30 Kilometern kurz vor Worms in den Rhein mündet. Es führt ganzjährig hinreichend Wasser, um von Menschen genutzt zu werden. Damit ist das Thema umrissen: Die Wechselwirkung naturräumlicher Gegebenheiten und menschlichen Handelns in dem, was Herr Benz das „lange Mittelalter“ nennt, d.h. in den gut tausend Jahren zwischen dem (dortigen) Ende der Antike und dem Beginn des Dreißigjährigen Krieges, doch reicht sein Blick fallweise sehr viel weiter zurück und bis ins späte 19. Jahrhundert – der eigentlichen Epochenschwelle des Umgangs mit der Natur. Der Ausblick erfasst dann sogar die Renaturierungsmaßnahmen seit dem späten 20. Jahrhundert.
Herr Benz beeindruckt seine Leser mit einer leichtfüßig daherkommenden großen Belesenheit – wer setzt heute seiner Arbeit noch ein Hölderlin-Zitat vor? – und gekonntem Einsatz von Quellen- und Literaturaussagen in nicht weniger als vier Sprachen. Das mehr als 14 Seiten umfassende Verzeichnis der benutzten Literatur übersteigt den bei BA-Theses üblichen Umfang erheblich. Und er macht aus seinem Material etwas, nämlich eine anschauliche, umsichtige und alle einschlägigen Themen berücksichtigende Schilderung der menschlichen Interventionen in dieses kleine Flusssystem der nördlichen Pfalz und seiner Nutzung. Sie machen nach der Überwindung der naturbedingten Pfadabhängigkeiten ab dem Spätmittelalter (im klassischen Sinne verstanden) aus der Isenach und ihren Zuflüssen eine „nachhaltig anthropogen überformte Flusslandschaft“ (S. 53), die entsprechend intensive Eingriffe der Orts- und Landesherrschaften voraussetzen.
Es sind vier Handlungsbereiche, die die Nutzung der Isenach ausmachen. Am frühesten wohl, weil kaum Eingriffe voraussetzend, das, was Herr Benz mit dem Quellenbegriff „Trift“ umschreibt, d.h. die Großviehhaltung auf den von dem Flüsschen bewässerten und darum besonders fruchtbaren Wiesen. Da sie stets zu versumpfen drohen und das Ackerland ohnedies zu gewissen Zeiten trocken bleiben soll, müssen Kanäle gegraben werden. − Die zweite Nutzungsform des Flusssystems ist die Schifffahrt, eine dem modernen Menschen sehr fremde Vorstellung. Aber Herr Benz recherchiert die Bedürfnisse, Wasserstände und Baumaßnahmen sehr sorgfältig und kommt zu dem Schluss, dass verschiedene Umstände ein Ende der Schifffahrt im Hochmittelalter wahrscheinlich machen – bis dann 400 Jahre später sich holländische Glaubensflüchtlinge in Frankenthal niederlassen und mit ihren Kenntnissen am Unterlauf der Isenach einen schiffbaren Kanal zum Rhein herstellen. – Die Schifffahrt wurde vom mit Abstand bedeutendsten flussgebundenen Wirtschaftsfaktor gestört und bekämpft, den Mühlen. Diese verlangten umfangreiche Eingriffe in die eigentlich für Mühlennutzung ungeeignete Isenach mit nachteiligen Folgen für deren Bett und entsprechenden Konflikten der Anlieger. Wie damit umgegangen wurde, schildert Herr Benz ausgesprochen anschaulich. – Die vierte Nutzungsform des Flüsschens galt der Salzgewinnung mit dem Zentrum Bad Dürkheim, wo seit dem 14. Jahrhundert (bis heute) Salzquellen zu unterschiedlichen Zwecken genutzt werden. − Dass zur Nutzung des Fischbestandes im Untersuchungszeitraum keine Quellen existieren, ist so rätselhaft wie bedauerlich.
Nach Ansicht der Betreuer wie der Gutachter für den v. Aretin-Preis hat Herr Benz mit seiner BA-Thesis seine ausgeprägten Fähigkeiten zum strukturierten Bearbeiten der Themenstellung mit einer sehr überzeugenden Literaturrecherche und sicheren Beherrschung der Fachsprache verbunden und somit eine herausragende Arbeit vorgelegt. Thema, Fragestellung und Ansatz der Untersuchung sind innovativ und erbringen eigenständige neue Erkenntnisse. Die BA-Thesis von Jacob Georg Benz verdient damit in jeder Hinsicht die Auszeichnung durch den Karl Otmar von Aretin-Preis.
Die Gutachter gratulieren Herrn Benz herzlich und wünschen ihm für das Masterstudium alles Gute.
Darmstadt, den 6. Oktober 2022
Prof. Dr. Christof Dipper, Prof. Dr. Karl Härter, Dr. Kevin Liggieri
(Der Aretin-Preis wurde am 19.01.2023 vergeben.)