Bellmann, Dagmar
Eine Kultur und Technikgeschichte der Passagierschifffahrt.
Disputation 5/2014; die Arbeit erschien unter dem Titel:
Von Höllengefährten zu schwimmenden Palästen. Die Passagierschifffahrt auf dem Atlantik (1840-1930), Frankfurt am Main 2015.
Kurzbeschreibung des Dissertationsprojekts:
Im Tourismus wird für den Urlauber eine Welt außerhalb der gesellschaftlichen Lebenswirklichkeit errichtet. Diese Parallelwelt bezeichne ich als „technischer touristischer Mikrokosmos“. Es gibt viele derartige Mikrokosmen, so z.B. Cluburlaube oder auch Seereisen. Sie weisen strukturelle Ähnlichkeiten auf: das Prinzip der Freiwilligkeit, die Erzeugung eines Gemeinschaftsgefühl, die Abschottung von der Außenwelt, Sicherheit und Verlässlichkeit in einer als feindlich oder zumindest als fremd empfundenen Umgebung, die mit Hilfe der Technik bezwungen werden soll. Sie wirken stark illusionistisch, denn sie erzeugen zuverlässig und vorhersagbar bestimmte Emotionen und stellen Erlebnisse nach, ohne deren Unannehmlichkeiten mit abzubilden.
In meiner Arbeit untersuche ich technische touristische Mikrokosmen am Beispiel der Entwicklung der Passagierschifffahrt. Denn hier ist besonders gut zu beobachten, dass sowohl der Naturraum des Meeres als auch die gesellschaftliche Lebenswirklichkeit der Reisenden im Laufe der Zeit immer stärker in den Hintergrund trat. Alles wurde darauf ausgerichtet, vergessen zu machen, sich auf einem Schiff zu befinden. Stattdessen wurde ein eigener Mikrokosmos erzeugt, der sich durch doppelte Grenzen auszeichnet (Naturraum Meer und geschlossene Gesellschaft an Bord) und eigene Handlungspraktiken hervorbringt. Der zeitliche Schwerpunkt der Arbeit wird zwischen 1880 und 1960 und der geographische Schwerpunkt auf der Transatlantik- und Südamerika-Schifffahrt liegen.
Böhm, Pierre
Segregation in Colonial Urban Development of 20th Century African Cities – A Cross-Country Comparison between British, French and German Imperial Policies
Die Arbeit ist erschienen unter dem Titel:
Residential Segregation as Part of Imperial Policies. A Transnational Analysis for the Case of Windhoek, Zürich 2018.
Kurzbeschreibung des Dissertationsprojekts:
Im Verlauf von nur einer Generation hat die Stadtplanung sich aus einer frühreifen Amateurposition zu einem abgeschlossenen, wenngleich interdisziplinär ausgerichteten Berufsbild weiterentwickelt, das in hohem Maße von der intrinsischen Motivation geleitet war, die Lebensverhältnisse in den Städten grundlegend zu verbessern. Aus diesem Grund bilden die Stadt und die Entwicklung des Berufs des Stadtplaners zwischen 1914 und 1945 den Kontext für eine Untersuchung der Wechselbeziehungen zwischen der europäischen Metropole und den kolonialen Territorien. Das Forschungsprojekt stützt sich dabei auf Theorien zur Diffusion von Planungswissen in Abhängigkeit zu den vorherrschenden Machtverhältnissen, wie sie der Planungshistoriker Stephen Ward formuliert hat. Darüber hinaus werden zeitgenössische Beiträge zur Wohnungs- und Mobilitätsfrage aufgegriffen und auf ihre Bedeutung für die (soziale) Segregation z.B. mit Blick auf Bodenrenten-Theorien untersucht.
Anhand von Archivmaterial und ergänzender Sekundärliteratur werden die verschiedenen Ansätze zur Kolonialverwaltung hinsichtlich ihrer Rolle für die räumliche und soziale Segregation im Alltagsleben afrikanischer Städte des frühen 20. Jahrhunderts nachgezeichnet, wobei der Schwerpunkt auf residentieller Segregation liegt. Neben den angewandten Planungsinstrumenten und dahinterstehenden Leitbildern werden sowohl (harte) bauliche Eingriffe in das Umfeld der indigenen Bevölkerung als auch (softe) soziale Steuerungsinstrumente untersucht. In Anlehnung an jüngere Forschungsansätze richtet sich der Blick dabei weniger auf die unterschiedlichen Nuancen der jeweiligen nationalen Planungstradition als vielmehr auf die Gemeinsamkeiten und den gegenseitigen, zeitgenössischen Gedankenaustausch.
Im Rahmen der Arbeit werden beispielhaft die Städte Windhoek (Namibia) und Algier (Algerien) betrachtet.
Feldmann, Ekke
Bauordnungen und Baupolizei zwischen 1850 und 1950
Projekt abgeschlossen 2010; die Arbeit ist erschienen unter dem Titel: Bauordnungen und Baupolizei. Zur Entwicklungsgeschichte zwischen 1850 und 1950, Frankfurt am Main 2011.
Kurzbeschreibung des Dissertationsprojekts:
Mit der Arbeit soll die Entwicklungsgeschichte einer staatlichen Institution, die zunächst als Polizei, später als Baupolizei (Baupolizeibehörde) und heute als Bauaufsicht (Bauaufsichtsbehörde) bezeichnet wird, beschrieben werden. Als Untersuchungszeitraum wird der Zeitabschnitt von der Mitte des 19. Jh. (beginnende Industrialisierung Deutschlands) bis zur Mitte des 20. Jh. (Gründung der Bundesrepublik Deutschland) gewählt. Für die Untersuchung sind die Länder Bayern, Preußen, Sachsen, Württemberg und das Großherzogtum Hessen-Darmstadt ausgewählt worden, damit sind knapp 88% der Bevölkerung des Deutschen Reiches um 1870 berücksichtigt. Die Fragestellung lautet u.a.: Wie und in welchem Umfang hat sich die Institution Baupolizei in der Mitte des 19. Jh. dargestellt, welche Aufgaben hatte sie zwischen 1850 und 1950 zu erfüllen und wie hat sie sich unter jeweils geänderten gesellschaftspolitischen Bedingungen gewandelt.
Haumann, Sebastian
„Schade, daß Beton nicht brennt …“ Stadtplanung zwischen Partizipation und Protest 1940-1990
Disputation 1/2010; Studie erschienen unter dem Titel „Schade, daß Beton nicht brennt…“ Planung, Partizipation und Protest in Philadelphia und Köln 1940–1990 (=Beiträge zur Stadtgeschichte und Urbanisierungsforschung 12), Stuttgart 2011.
Kurzbeschreibung des Dissertationsprojekts:
Aus den zahlreichen Protestbewegungen, die die 1970er Jahre geprägt haben, ragen die Auseinandersetzungen um die Neugestaltung innerstädtischer Wohngebiete auf Grund ihrer Vielschichtigkeit heraus. Im Protest gegen Stadterneuerung bündelten sich die Interessen der unmittelbar Betroffenen mit bürgerlichem Traditionsbewusstsein, ideologisch motivierter Opposition und dem wissenschaftlichem Diskurs der Architekten und Planungstheoretiker. Auf der anderen Seite war das staatliche Handeln von Ambivalenzen und Sprunghaftigkeit geprägt – forderte also Protest geradezu heraus, bot aber auch Chancen, die Anliegen der Protestgruppen in die Planungen zu integrieren. Die Arbeit analysiert diesen Prozess, der häufig als die Reorientierung der Stadtplanung hin zu zivilgesellschaftlichen Modellen beschrieben wird, anhand von Beispielfällen aus Philadelphia und Köln.
Keesser, Sina
Raum im Bild – Darstellungstechniken der Planungspraxis
Disputation 11/2018
Kurzbeschreibung des Dissertationsprojekts:
Während Architekten des Mittelalters noch als Handwerker galten, die sich vornehmlich mit bautechnischen Fragen beschäftigten, verstanden sich Architekten seit der Frühen Neuzeit vielmehr als Designer, die sich mit Darstellungstechniken auseinandersetzten. Dienten die erstellten Skizzen, Zeichnungen und Pläne zunächst primär zum Informationsaustausch mit Baustelle oder Auftraggeber, bewirkte die technische Möglichkeit zur Reproduktion dieser Bilder auch eine veränderte Kommunikation mit der allgemeinen Öffentlichkeit. Denn die Möglichkeit, Architektur anhand von Bildern zu konsumieren, veränderte die Rezeption insofern, als sie nicht mehr an das direkte räumliche Erlebnis gebunden war. Die Einführung von Massenmedien führte zu einer Intensivierung dieser Entwicklung, so dass unser baukulturelles Gedächtnis heute zu einem nicht unerheblichen Teil von medial vermittelten Bildern geprägt ist.
Als Beitrag zur Professionsgeschichte des Architekten geht die geplante Forschungsarbeit diesem Verhältnis von Architektur und Massenmedien bzw. Raum und Bild auf den Grund. Dabei liegt der zeitliche Fokus auf den 1950-70er Jahren. Zum einen war Architektur damals ein Thema, dem gesamtgesellschaftliche Relevanz zugeschrieben wurde. Zum anderen äußerte die internationale Architekturelite des CIAM (Congrès International d’Architecture Moderne) explizit den Wunsch, nicht länger einen abgeschlossenen Expertendiskurs zu führen, sondern mit der breiten Bevölkerung in einen Dialog treten zu wollen. Als adäquate Kommunikationsmittel für diesen Zweck wurden gerade Fotografien, Skizzen und Collagen gehalten.
Aus Perspektive der Mediengeschichte soll geklärt werden, wie innerhalb von Printmedien über Architektur berichtet wurde, welche Inhalte von einzelnen Akteuren an welche Zielgruppen verbreitet werden sollten und inwieweit sich diese mit der spezifischen Form des Mediums vereinbaren ließen. Dabei werden Bilder als 'materielles Dispositiv' verstanden, das bestimmte Aussagen ermöglicht, andere aber gleichzeitig ausschließt. Letztlich soll herausgearbeitet werden, welche Konsequenzen die Mediatisierung des Architekturdiskurses mit sich brachte, ob sich Planungspraxis und Ausbildungssituation dadurch wandelte und inwieweit sich dabei auch die allgemeine Wahrnehmung von Architektur veränderte.
Keil, Sonja
Arbeitstitel: Soziale Wirklichkeit und Geschichte einer besonderen Lebenswelt: Prozesse unkonventioneller Habitusbildung am Wohnwagenstandplatz Bonameser Straße in Frankfurt am Main
Disputation 1/2018; die Arbeit erschien unter dem Titel:
Soziale Wirklichkeit und Geschichte des Wohnwagenstandplatzes Bonameser Straße in Frankfurt am Main – Prozesse unkonventioneller Habitusbildung in einer besonderen Lebenswelt, Frankfurt am Main 2018.
Kurzbeschreibung des Dissertationsprojekts:
Mit der sozialwissenschaftlichen Studie »Soziale Wirklichkeit und Geschichte des Wohnwagenstandplatzes Bonameser Straße in Frankfurt am Main« wird eine besondere Lebenswelt in den Blick genommen. Die Begegnungen mit den Menschen, die 1953 am Rand der Stadt angesiedelt wurden und überwiegend als „ambulante Gewerbetreibende“ (z. B. Schausteller, Zirkusangehörige und im Altstoffhandel Tätige) zu bezeichnen sind, haben mich zu dieser Arbeit bewogen. Deren besondere Lebenswelt wird historisch und empirisch von außen betrachtet und in einem zweiten Schritt mit der Sicht von innen ergänzt. Diese »Sicht von innen« entsteht durch die Einladung zur Selbstthematisierung der Bewohner, den Blick auf ihre Biographien und ihren Alltag. Durch die Analyse des Blicks der Gruppe auf sich selbst wird deren Selbstverständnis und Lebensweise deutlich, über die bislang so gut wie keine wissenschaftlichen Erkenntnisse vorliegen. Gleichzeitig verweisen die Erkenntnisgewinne auf eine gesellschaftliche Vielfalt, die ebenfalls im gesellschaftlichen Bewusstsein kaum vorhanden ist.
In der historischen Betrachtung zeigte sich, dass die historische Ausgrenzung und Diskriminierung dieses Personenkreises bereits mit der Periode der Reichsgründung nach 1870 einsetzte, wodurch »Fahrende« allmählich zu »Zigeunern« wurden. Im Frankfurt der Weimarer Republik und in Hessen wurde 1929 ein schon vorher in Bayern erlassenes Gesetz »zur Bekämpfung von Zigeunern, Landfahrern und Arbeitsscheuen« übernommen, das auf die Vernichtung dieser Lebensform hinauslief. Schon damals ging es um die Verbannung von Wohnwagen aus der Stadt. Im NS-Reich wurde diese Politik intensiviert und erhielt sehr schnell eine rassenbiologische Grundlage, die vor allem auf die Sinti und Roma zielte. Die »Zigeuner « und »Zigeunermischlinge« wurden reichsweit systematisch erfasst. Interessanterweise bestand inhaltlich wie personell eine Kontinuität dieser Politik bis in die 1960er Jahre hinein. Nach 1945 ist jedoch eine Veränderung der Sichtweisen zu beobachten und ein Engagement von Akteuren, wie z. B. dem Kirchenpräsidenten Martin Niemöller, die sich für eine menschenwürdige Lebensperspektive für diesen Personenkreis einsetzen. Trotzdem bestehen in der städtischen Gesellschaft bis heute Widerstände gegen den Wohnwagenstandplatz (WSP).
Deutlich wurde, dass die in der Studie betrachteten Personen in der Lage sind ihr Netzwerk zur Zielerreichung zu aktivieren und damit der sozialen Destabilisierung entgehen. Auch wenn die gemeinschaftlichen Werte durch die Mehrheitsgesellschaft etwas erschüttert werden, erweisen sich diese als resistent gegenüber den Bemühungen der Mehrheitsgesellschaft. Nach wie vor werden die eigenen Werte beibehalten, die über Jahrhunderte das Überleben sicherten. Aus der Dialektik der in der Arbeit dargestellten Formen der Ausgrenzung und Abgrenzung gegenüber der Ausgrenzung entwickelten die in dieser Arbeit untersuchten Gruppen die Fähigkeit der Bewahrung der eigenen Kultur und Identität.
Patzelt, Katrin
https://tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/5998/
Die Rehabilitierung von Wehrmachtsdeserteuren. Eine Analyse der Debatte in der BRD
Kurzbeschreibung des Dissertationsprojekts:
Die dezidierte Auseinandersetzung mit der Rehabilitierung von Wehrmachtsdeserteuren gelangte in Deutschland erst Mitte der 1980er Jahre, nach der Filbinger-Affäre und im Kontext des NATO-Doppelbeschlusses 1979, in die breitere Öffentlichkeit. Tatsächlich rehabilitiert wurden die Wehrmachtsdeserteure in Deutschland jedoch erst nach einer sehr lange und vor allem sehr verbittert sowie kontrovers geführten Debatte im Jahr 2002, durch die Erweiterung eines 1998 verabschiedeten Gesetzes zur Aufhebung nationalsozialistischer Unrechtsurteile in der Strafrechtspflege (NS-AufhG). Während die Befürworter der Rehabilitierung oftmals den Standpunkt vertraten, dass Desertion eine Form des Widerstands gegen Hitler gewesen sei, waren die Gegner der Rehabilitierung hingegen der Auffassung, dass das vermeintlich unehrenhafte Handeln und im Stich lassen der Kameraden eine Herabwürdigung aller anderen einfachen Wehrmachtssoldaten und somit einer gesamten Generation darstellen würde.Die Dissertation untersucht die thematische Auseinandersetzung zwischen den Jahren 1987 – 2002 sowohl auf der politischen Ebene, durch Dokumente des Deutschen Bundestags und Bundesrats, sowie auf der öffentlichen Ebene, anhand der Auswertung veröffentlichter Artikel in ausgewählten Zeitungen und Zeitschriften, unter Berücksichtigung des allgemeinen geschichtspolitischen Geschehenes im entsprechenden Zeitraum. Die Arbeit legt dar, weswegen die Auseinandersetzung in Deutschland so spät begann, welche Bemühungen die am Diskurs beteiligten Akteure unternahmen und wie sich diese in der Öffentlichkeit bzw. und der Gesetzgebung niederschlugen.
Schregel, Susanne
„Der Atomkrieg vor der Wohnungstür". Eine Geschichte der neuen Friedensbewegung in der Bundesrepublik Deutschland, 1970-1985.
Disputation 7/2010; Studie erschienen unter dem Titel: Der Atomkrieg vor der Wohnungstür. Eine Politikgeschichte der neuen Friedensbewegung in der Bundesrepublik 1970-1985 (=Historische Politikforschung 19), Frankfurt a. M. 2011.
Kurzbeschreibung des Dissertationsprojekts:
Mit dem Aufkommen der „neuen Friedensbewegung“ Anfang der 1980er Jahre entstehen eine Vielzahl politisch fokussierter Konstruktionen von Raum. Angesichts der technisch herbeigeführten Möglichkeit einer Vernichtung weiter Bevölkerungsteile wird Raum von den AktivistInnen der Friedensbewegung neu entworfen und besetzt. Das vorliegende Dissertationsprojekt befasst sich mit diesen Raumkonstruktionen in ihrer ganzen Breite. In den Blick geraten dabei sowohl die Neuinterpretationen politischer Räume, die Bedeutung spezifischer Orte, ihre mediale Inszenierung, Zugriffe auf Räumlichkeit und Körper in den Aktionsformen der Bewegung wie auch die Ikonographie der antizipierten Katastrophe im friedenspolitischen Kartenwerk.